Luchse breiten sich in Bayern weiter aus

23. Nov 2023

2023 starben bereits vier der Großkatzen bei Unfällen im Straßenverkehr

Furth im Wald/Nößwartling. Die Luchse in Bayern erobern weitere Reviere in der südlichen und nördlichen Oberpfalz, im Steinwald und im Frankenwald. Die Bestände der Großkatze entwickeln sich im Bayerischen Wald und im Böhmerwald positiv, obwohl eine hohe Sterblichkeitsrate bei Jungtieren zu verzeichnen ist und zunehmend Luchse im Straßenverkehr ums Leben kommen. Das ist das Hauptergebnis des laufenden Luchsmonitorings, für das am Freitag bei einem Treffen im LBV-Zentrum Nößwartling der aktuelle Zwischenbericht vorgestellt wurde.

Als ein Problem bei der wissenschaftlichen Betreuung des Luchsmonitorings erweisen sich nach wie vor die unzureichenden Datenmengen, die zur Verfügung stehen. Professor Dr. Volker Zahner, seine Mitarbeiterin Katja Schnetz (beide von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf) und David Epple vom Landesamt für Umwelt hoffen deshalb vor allem auf Erkenntnisse aus den Forstbetrieben in Bayern und aus der Jägerschaft, denn diese Personengruppen verfügen aus dem Einsatz von Wildkameras über viele Daten aus den Revieren, die für eine Beurteilung der Gesamtsituation wichtig wären. In seiner Begrüßung machte der Kreisvorsitzende des Landesbundes für Vogelschutz, Karl-Heinz Schindlatz, auch deutlich, dass nur ein „Miteinander“ der Erhaltung dieser geschützten Tierart dienlich ist. Dazu sollten auch die Jäger beitragen, indem sie Daten aus Fotofallen den Mitarbeitern der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und dem Landesamt für Umwelt weiterleiten, appellierte LBV-Geschäftsstellenleiter Markus Schmidberger an die Jäger im gut besetzten Auditorium.

Wildunfälle mit Luchsen

Ein zunehmendes Problem sind nach den Ausführungen von Professor Dr. Zahner Verkehrsunfälle, bei denen alleine in den vergangenen zwei Wochen vier Luchse ums Leben gekommen sind. Luchszäune – wie sie beispielsweise an der Bundesstraße 85 bei Ayrhof errichtet wurden - könnten das Problem nicht lösen, so Zahner, sie würden von den Tieren nach einer Gewöhnungsphase umgangen. Eine Lösung wären teure Durchlässe unter Straßen, oder aufwändige Grünbrücken über Straßen, die aber nur in sehr geringer Zahl gebaut würden, wie David Epple ausführte. Auch elektronisch gesteuerte Warnhinweise, die durch Bewegungsmelder aktiviert werden, wenn Wild die Straße queren will, wären eine praktikable, aber kostspielige Hilfe. Während sich in Ostbayern der Luchs weiterhin ausbreitet, seien im gesamten bayerischen Alpenraum keine Nachweise der „Pinselohren“ bekannt, räumten die Wissenschaftler ein, denen hier keine Daten vorliegen. Ein Luchsnachweis in Manching gab ihnen deshalb Rätsel auf, während die vierbeinigen Zuwanderer bereits im Fichtelgebirge nachgewiesen wurden. Am Beispiel eines Kuders (männlicher Luchs) aus der Region Grafenau, der innerhalb von drei Jahren in Bischofsmais und Bad Kötzting identifiziert wurde, ehe er wieder in Grafenau auftauchte, war eine Wanderstrecke nachvollziehbar, informierte Katja Schnetz. Wanderstrecken werden vor allem von besenderten Luchsen genau nachgewiesen.

567 Datensätze über die Erfassung von Luchsen haben Professor Zahner und seine Mitarbeiter inzwischen. Sie gehen davon aus, dass im Monitoring-Gebiet – Bayerischer Wald, südlicher und nördlicher Oberpfälzer Wald und Steinwald - 45 selbständige Luchse leben, darunter zwölf reproduzierende Weibchen, von denen weitere 20 Jungtiere stammen. Mehrere Totfunde wurden 2022 und 2023 registriert, erklärte Katja Schnetz. Nach den Erkenntnissen der Wissenschaftler sterben rund 80 Prozent der Jungluchse in den ersten zwei Lebensjahren. Durch die Annäherung an Siedlungen und die Berührung mit Hauskatzen könne auch die Übertragung von Katzenkrankheiten zum Tod der wilden Verwandten führen, erklärte Professor Zahner.

„Luchs frisst auch Fuchs“

„Die Zahl der Verkehrstode beim Luchs nimmt signifikant zu“, so der Projektleiter, betroffen seien überwiegend Weibchen und Jungtiere. Die „Hauptunfallzeiten“ lägen vor allem in den Morgen- und Abendstunden. Auf Basis der bisherigen Zahlen gehen die Wissenschaftler von einer Dichte von zwei bis 2,2 Luchsen pro 100 Quadratkilometern aus, was rechnerisch einem Beutebedarf von 370 bis 380 Kilogramm pro Quadratkilometer und Jahr entsprechen würde. Hauptbeute der Luchse sind Rehe, aber „Luchs frisst auch Fuchs“, erklärte Prof. Zahner, der darauf hinwies, dass in Thüringen, Sachsen und Baden-Württemberg Luchsauswilderungen vorgesehen sind. Studien in Polen und der Schweiz hätten einen Zusammenhang zwischen der Zahl der Beutetiere und der Zahl der Luchse nachgewiesen. Wo Rehe drastisch reduziert wurden, nahmen auch die Luchsvorkommen ab. Diskutiert wurde in Nößwartling auch der Einfluss des Luchses auf den Rehwildbesatz im Bayerischen Wald. Förster Franz Amann vom Forstbetrieb Roding wies darauf hin, dass die Abschussquoten im Staatswald von bisher 20 Rehen pro 100 Hektar auf inzwischen zwei Rehe pro 100 Hektar abgesenkt werden mussten, seit vor allem in den Bergregionen Hohenbogen, Kaitersberg und Haidstein  der Luchs permanent mit jagt.

Bildtexte: Bis Ende 2025 wird das Luchs-Monitoring der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf laufen / Professor Dr. Volker Zahner stellt ein Senderhalsband vor, das auch Lautäußerungen aufzeichnet.
Fotos/Text: Dachs

Luchsmonitoring Zahner